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Hilsen til årsdagen for Tysklands Genforening

Ambassadens mindretalskommiterede Anke Meyer markerer årsdagen for Tysklands genforening med det tyske mindretal i klubhuset af Ruderclub Germania i Kiel

Ambassadens mindretalskommiterede Anke Meyer markerer årsdagen for Tysklands genforening med det tyske mindretal i klubhuset af Ruderclub Germania i Kiel.Frau venste: Hovedformand Hinrich Jürgensen, honorær konsul Carsten Friis og stedfortrædende hovedformand  Olav Hansen., © Gwyn Nissen/Der Nordschleswiger

03.10.2019 - Tale

En hilsen fra ambassadens mindretalskommiterede Anke Meyer i anledning af årsdagen for Tysklands Genforening den 3.10.2019 i Kiel (på tysk)

Det talte ord gælder.

Liebe Nordschleswiger, liebe Gäste,

die ersten Oktobertage des Jahres 1989 waren bestimmt von dramatischen Entwicklungen. Entwicklungen, die sich mehr und mehr beschleunigten, deren gutes Ende zu diesem Zeitpunkt aber noch keineswegs ausgemacht war.

Seit dem Frühsommer war der Eiserne Vorhang immer löchriger geworden. Nachdem die Ungarn im Mai erklärt hatten, die Grenze nach Österreich abbauen zu wollen, schnitten die Außenminister beider Länder schon im Juni vor laufenden Kameras demonstrativ ein Loch in den Stacheldrahtzaun.

Im August wurde beim „Paneuropäischen Picknick“ in Sopron die Grenze für einige Stunden ganz geöffnet; über 600 Ungarnurlauber aus der DDR nutzten bereits an diesem einen Tag ihre Chance zur Republikflucht.

In den kommenden Wochen machten sich tausende weitere DDR-Bürger auf, um über den Osten in den Westen zu gelangen. Viele von ihnen strandeten zunächst in den bundesdeutschen Botschaften, nicht nur, aber vor allem Prag.

Alle, die damals dabei waren, werden sich nicht nur an Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher auf dem Balkon des Palais Lobkovitz erinnern, sondern auch an die Sonderzüge, die in den folgenden Tagen und Wochen aus Prag gen Bundesrepublik rollten.
Fast 14.000 Menschen gelangten auf diese Weise ans Ziel ihrer Hoffnungen und Träume: Endstation Freiheit! Dass schon wenige Wochen später die Mauer fallen sollte, das hatte zu diesem Zeitpunkt noch keiner für möglich gehalten.

Umso höher einzuschätzen ist der Mut jedes einzelnen, den es gebraucht haben muss, alles hinter sich zu lassen und sich aufzumachen in eine hoffentlich bessere, aber letztlich zunächst einmal vor allem ungewisse Zukunft.

Ohne den Mut der Menschen, die in der DDR jeden Montag auf die Straße gegangen sind, ohne den Mut derer, die Mauern und Zäune buchstäblich mit ihren eigenen Händen niedergerissen haben, wären wir heute nicht hier.

Auch die Bundeskanzlerin findet daher, dass „Mut verbindet“ ein wirklich gutes Motto für die diesjährigen zentralen Feierlichkeiten ist. Dass wir mit unserer Feier heute mittenmang dabei sein können, ist wirklich etwas Besonderes!

Alle die 1989 dabei waren, werden sich an die Euphorie dieser Tage erinnern, als klar wurde, dass die Revolution friedlich bleiben – und siegen würde. Und dass Deutschland wieder eins werden würde.

Und doch scheint die Feierlaune nicht sonderlich ausgeprägt im 30. Jahr des Mauerfalls, im 29. Jahr der deutschen Einheit. 
Der Bericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2019 meldet erneut wachsende Wirtschaftskraft, steigende Einkommen und fallende Arbeitslosigkeit im Osten Deutschlands. Soweit doch eigentlich ganz gut.

Die jährliche Bestandsaufnahme berichtet aber auch von bedrückenden 57%, die sich als Bürger 2. Klasse fühlen, von lediglich 38%, die die Wiedervereinigung für gelungen halten und von knapp der Hälfte der Menschen im Osten, die „eher unzufrieden“ mit unserer Demokratie sind. Eine Unzufriedenheit, die sich auch in „signifikant unterschiedlichen Wahlergebnissen“ niederschlägt, so der Bericht.

Warum – so fragen sich viele dieser Tage – fällt es uns eigentlich so schwer, ein Volk zu werden?
Ein Teil der Antwort dürfte darin liegen, dass wir von völlig unterschiedlichen Ausgangspunkten in unsere gemeinsame Zukunft gestartet sind.

Für den Westen war die Deutsche Einheit zunächst einmal ein Schlusspunkt. Der Auftrag des Grundgesetzes in seiner Fassung von 1949, „die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden“, war formal erfüllt; ansonsten konnte gerne alles beim Alten bleiben. Und blieb es ja auch für viele.

Für den Osten hingegen blieb nichts beim Alten. Die Deutsche Einheit bedeute nicht weniger als den Beginn einer neuen Zeitrechnung. Mit unglaublichen Chancen und Verheißungen, aber auch mit unglaublichen Herausforderungen und Enttäuschungen.

Was die Wucht des Umbruchs mit den Menschen eigentlich gemacht hat, beginnt erst jetzt so richtig in den Mittelpunkt zu rücken.

„Die Geschichten des Ostens sind immer noch kein so selbstverständlicher Teil des gemeinsamen „Wir“, wie die des Westens“, stellt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fest und fordert, endlich mit einem zentralen Irrtum aufzuräumen.

„Die Geschichte der Deutschen Einheit gibt es nicht und wird es nicht geben!“

Dies will er allerdings nicht als Hindernis verstanden wissen, das unserer inneren Einheit entgegensteht, sondern als Aufruf an uns alle, neugierig und offen zu bleiben, 
bereit, „die eigene Prägung nicht für die einzig gültige zu halten, sondern das eigene stets am anderen zu prüfen und zu hinterfragen“.

Liebe Nordschleswiger, liebe Gäste,

dass sich „Geschichte“ aus Geschichten zusammensetzt, gilt bekanntermaßen und ganz besonders auch für das deutsch-dänische Grenzland.

Manches ist ein Faktum und als solches unumstößlich. Wie die Tatsache, dass 1920 eine Grenze gezogen wurde, die bis heute Bestand hat. Wie man dieses Faktum aber bewertet, ob als Wiedervereinigung, als Abtrennung oder als Geburtsstunde, das liegt im Auge des Betrachters. 
Auch hier haben alle Geschichten ihre Berechtigung und ein Recht, erzählt und gehört zu werden.

Unabhängig von der historischen Perspektive, können wir uns aber sicher darauf verständigen, dass im Jubiläumsjahr 2020 neben dem Erinnern und Gedenken auch viel Anlass zum Feiern sein wird.

Wir feiern die friedliche und endgültige Beilegung eines Grenzkonflikts. Wir feiern eine prosperierende, von vielen in Europa und darüber hinaus beneidete Grenzregion, in der die Grenze schon lange mehr verbindet, als trennt. Wir feiern zwei fantastischen Minderheiten, die daran einen ganz wesentlichen Anteil haben. Und wir feiern deutsch-dänische Beziehungen, die noch nie so eng und so gut waren wie heute.
Wenn man es nicht anders kennt, so wie ich, dann kann man sich kaum vorstellen, wie lange es gebraucht hat, dahin zu kommen, wo das Grenzland und seine Menschen heute stehen. Das ist mir noch einmal bewusst geworden, als ich das bemerkenswerte gemeinsame Interview von Hinrich Jürgensen und Jens A. Christiansen in der letzten Ausgabe des Magazins Grænsen gelesen habe.

Ich hoffe natürlich, dass es nicht 100 Jahre dauert, bis in Deutschland endlich zusammenwächst, was doch so unzweifelhaft zusammengehört.

Aber vielleicht ist es am Ende völlig in Ordnung, dass wir „nur“ 30 Jahre nach dem Mauerfall zwar weit gekommen, aber noch lange nicht am Ziel sind.

Vielleicht ist es völlig in Ordnung, dass wir uns streiten. Streit gehört zur Demokratie, solange er – das ist das Entscheidende und die eigentliche Herausforderung dieser Tage – in gegenseitigem Respekt und nach demokratischen Regeln ausgetragen wird.

Vielleicht ist es völlig in Ordnung, dass wir noch lange mit dem Unfertigen leben müssen und der Weg das eigentliche Ziel bleibt.

Wir feiern heute die deutsche Einheit – ja, trotz allem ist und bleibt dies jedes Jahr wieder ein Anlass zum Feiern!

Wir feiern nicht weniger als das „Glück der zweiten Chance“, wie es der jüdische Historiker Fritz Stern einmal genannt haben. Mit aller besonderen Verantwortung, die damit verbunden ist und aus der wir uns niemals davonstehlen werden.

Solange wir dies nicht vergessen, ist zwar noch lange nicht alles in Ordnung, aber dann sind wir immerhin auf dem richtigen Weg.

Vielen Dank!

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