Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Grußwort zum Deutschen Tag am 3.11.2018 – „Minderheit – Gemeinsam stark!“

06.11.2018 - Rede

Grußwort der Gesandten und Minderheitenbeauftragten Anke Meyer zum Deutschen Tag am 3.11.2018 in Tingleff – „Minderheit – Gemeinsam stark!“

Anke Meyer beim Deutschen Tag 2018
Anke Meyer beim Deutschen Tag 2018© Karin Riggelsen, Der Nordschleswiger

Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Nordschleswiger, liebe Gäste,

im 6. Jahrhundert vor Christus schrieb der griechische Dichter Äsop in seiner Fabel „Der Bauer und seine Söhne“ von den Stäben, die im festen Bündel nicht gebrochen werden können, jeder für sich genommen jedoch ganz leicht.

Dass wir die Geschichten Äsops heute noch kennen, liegt ganz einfach daran, dass sie zeitlose, aber keineswegs belanglose Pointen haben. Wie eben die, dass Gemeinschaft stark macht.

Für eine Minderheit hat Gemeinschaft ohne Zweifel noch einmal eine ganz andere Bedeutung als für eine Mehrheit.

Sie ist eine Frage des Überlebens, manchmal – in weniger glücklichen Weltgegenden als der unseren – sogar im engsten Wortsinn.

Aber auch jenseits von Minderheiten ist die Frage von Gemeinschaft, von Zusammenhalt und Zugehörigkeit, eine Frage, die gerade viele Menschen umtreibt.

Die Globalisierung hat ungeahnte Möglichkeiten gebracht, aber eben auch ungeahnte Zumutungen und Verunsicherungen. Zuletzt in Gestalt der Migrations- und Flüchtlingskrise, die das gemeinsame „Wir“ in besonderer Weise auf die Probe gestellt hat – gerade auch in Deutschland.

Wo die Zukunft aber nicht als offen, sondern vor allem als beängstigend ungewiss empfunden wird, da steigt das Bedürfnis nach einfachen Antworten. Antworten, die es in einer immer komplizierteren Welt aber nicht gibt und auch nicht geben wird.

Ihr, liebe Nordschleswiger, seid Euch Eures gemeinsamen „Wirs“ noch bewusst. Ihr wisst, wo Ihr herkommt, wer ihr seid und wo Ihr hingehört – sonst wärt Ihr heute nicht hier.

Derart festen Boden unter den Füssen zu haben, einen sicheren Ort, an dem man versteht und sich verstanden fühlt – dies aber ist eine ganz wesentliche Voraussetzung dafür, sich den Herausforderungen, auch den Zumutungen, unserer Zeit stellen zu können, ohne die Antworten in der Vergangenheit, in Abschottung und neuen Nationalismen zu suchen.

Davon, wie Nationalismen zu Krieg und Spaltung führen können, erzählt nicht zuletzt auch die Geschichte des deutsch-dänischen Grenzlandes. Sie erzählt aber auch davon, wie aus Gegensatz wieder Gemeinsamkeit und aus Feindschaft wieder Freundschaft werden kann.

Dass und wie dies zum Wohle aller hier lebenden Menschen gelungen ist, ist ganz wesentlich auch das Verdienst der deutschen Minderheit in Dänemark und der dänischen Minderheit in Deutschland.

Die Erfolgsgeschichte des Grenzlandes, das so vielen zu Recht ein Vorbild ist, ist auch eine europäische Erfolgsgeschichte. Leider ist hier wie dort nicht die Zeit, sich auf Lorbeeren auszuruhen. Das Erreichte, so selbstverständlich es uns auch erscheinen mag, will verteidigt und für eine gute Zukunft gesichert werden.

Und auch „in Europa“ hängt alles davon ab, ob es gelingt, auf dem Fundament unserer europäischen Werte zu einem gemeinsamen „Wir“ zurückzufinden.

Uns so trifft das Motto des heutigen Tages „Minderheit – Gemeinsam stark“ den Nerv der Zeit. Denn eines ist klar – eine gute Zukunft gelingt nur gemeinsam. Im Kleinen wie im Großen.

Ich wünsche Euch, liebe Nordschleswiger, auch in Zukunft „gemeinsam stark“ zu sein. Denn eine starke deutsche Minderheit ist gut für das Grenzland, sie ist gut für die deutsch-dänischen Beziehungen und sie ist gut für Europa.

In diesem Sinne – uns allen noch einen guten Deutschen Tag!

Vielen Dank!

nach oben